2024 - „Biodiversität in unserer Gemeinde“ - Jahresprogramm des NABU Neuhausen

Was ist die Naturkrise?
Neben der Klimakrise bedroht eine weitere Krise unsere Lebensgrundlagen, der Verlust der biologischen Vielfalt – kurz, die Naturkrise. Und sie findet nicht nur weit weg statt, sondern auch bei uns in Deutschland. Das wissen NABU-Ehrenamtliche aus eigener Erfahrung am besten. Die intensive Land- und Forstwirtschaft, die Überfischung, die Zerschneidung und Zerstörung von Lebensräumen und auch die menschengemachte Erderhitzung bedrohen die Natur – angetrieben durch unsere Art des Wirtschaftens und Konsumierens. Dabei sind wir Menschen auf gesunde Ökosysteme angewiesen. Eine intakte Natur hält uns am Leben, macht gesund, reich und glücklich: sie versorgt uns mit sauberer Luft, frischem Wasser, Nahrung, Medizin und unzähligen weiteren Leistungen. Wenn wir weitermachen wie bisher, verlieren wir in wenigen Jahrzehnten einen großen Anteil der biologischen Vielfalt, mit verheerenden Auswirkungen auf unsere Lebensqualität. 

2024 im Zeichen der Biodiversität 

Wir laden in 2024 zu interessanten Vorträgen und Aktionstagen ein - ganz im Zeichen der Biodiversität.                        Mehr dazu unter "Termine".

Wie Biodiversität unsere Ernährung sichert

 

Es herrscht weiterhin enormer Handlungsbedarf. Der dramatische Rückgang der Biodiversität – der Vielfalt von Arten, Lebensräumen und Genen – bedroht unsere Lebensgrundlagen. Diese Veränderung erfordert entschiedenes Handeln der Politik. Für unsere Ernährungsversorgung sind wir auf eine intakte Natur angewiesen, die uns ausreichend Wasser, fruchtbare Böden und bestäubende Insekten schenkt.

Landwirtschaft braucht biologische Vielfalt

Nahrungsmittelproduktion beruht auf dem Zusammenspiel zwischen Pflanzen, Tieren und Mikroorganismen. 80 Prozent aller Wild- und Nutzpflanzen werden durch Insekten bestäubt und sind dabei teilweise auf bestimmte Arten angewiesen. So sind zwei Bartmückenarten weltweit für die Bestäubung eines Großteils der Kakaobäume verantwortlich und sind somit die wahren Schokoladenlieferanten der Welt. In unseren Breitengraden gehören Schwebfliegen zu den stillen Helden, denn mit ihrer Hilfe entstehen Karottensamen. Die Larven fressen zudem Schädlinge wie Blattläuse und betreiben so natürliche Schädlingsbekämpfung. Unsere Ernährung wird aber auch unter der Erdoberfläche gesichert. In unseren Böden leben Milliarden von Kleinstlebewesen, z. B. Würmer oder Insektenlarven. Mit Mikroorganismen wie Bakterien und Pilzen zersetzen sie organische Substanz, bauen Humus auf und machen den Boden fruchtbar. Ein einziges Gramm Boden enthält bereits 100 Millionen Bakterien aus bis zu 7.000 Arten. Diese Biodiversität ist Grundvoraussetzung für eine produktive Landwirtschaft. Humusreiche Böden speichern außerdem große Mengen an Kohlenstoff, halten Wasser in der Landschaft und sind weniger anfällig für Erosion.

Die Naturkrise auf dem Acker 

In den letzten Jahrzehnten haben politische Rahmenbedingungen die Intensivierung der Landwirtschaft immer weiter vorangetrieben. Durch den übermäßigen Einsatz von Düngemitteln und chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln, schwere Landmaschinen und intensive Bodenbearbeitung konnten die Erträge deutlich gesteigert werden – auf Kosten der Biodiversität. Die Umgestaltung der Agrarlandschaft hat ursprüngliche Lebensräume zerstört und Landschaften zunehmend vereinheitlicht. Die fehlende Strukturvielfalt macht es heimischen Arten schwer, geeignete Lebens- und Rückzugsorte oder Nahrung zu finden. Auch auf die unterirdische Biodiversität haben sich diese Praktiken negativ ausgewirkt. 61 Prozent aller Böden sind in der EU in einem schlechten Zustand und in Deutschland nimmt der Humusgehalt im Boden jährlich ab. Die konventionelle Bewirtschaftung der Ackerflächen wirkt sich auch negativ auf umliegende Schutzgebiete aus. Dort ist die Insektenbiomasse zwischen 1989 und 2014 um 75 Prozent gesunken. Neue Ergebnisse aus 2023 zeigen: In Schutzgebieten leiden Insekten bis zu einer Entfernung von zwei Kilometern unter Schadstoffeinträgen. Mittlerweile ist bekannt, dass in Europa insgesamt doppelt so viele Insektenarten vom Aussterben bedroht sind, wie vom Weltbiodiversitätsrat (IPBES) angenommen.

So schaffen wir artenreiche Agrarlandschaften

Landschaftselemente z. B. Hecken, Blühstreifen und Steinmauern schaffen neue Lebensräume und sind wichtig für die Wiederherstellung der Biodiversität. Sowohl auf den Agrarflächen als auch in angrenzenden Schutzgebieten geben sie Arten einen Rückzugs- und Nahrungsraum. Zum Schutz der Biodiversität muss der Einsatz von Dünge- und Pflanzenschutzmitteln reduziert und der Boden schonender bearbeitet werden – besonders in Schutzgebieten und auf angrenzenden Agrarflächen. Nachweislich naturfreundlichere Anbausysteme wie z. B. der Ökolandbau müssen politisch gefördert und ausgebaut werden.